Das Wichtigste auf einen Blick:
Wie sich die Corona-Krise entwickelt, lässt sich unter anderem am Stellenmarkt ablesen. Wir und unsere Kollegen von Lebenslauf.de wollen es einmal genauer wissen und werfen einen Blick auf die Daten.
Jahresbeginn – Erste Entwicklungen
Die Pandemie und der Lockdown haben den Arbeitsmarkt schwer getroffen. Das zeigte sich bereits im Mai mit dem Ausbleiben der sogenannten „Frühjahrsbelebung“ – einem Sinken der Arbeitslosenquote, das sich für gewöhnlich jedes Jahr wiederholt. Stattdessen stieg die Zahl der Arbeitslosen drastisch an. Die Bundesagentur für Arbeit meldete im Vergleich zum Vorjahr ganze 577.000 Neuzugänge in der Arbeitslosenstatistik. Seitdem gibt es kleinere Schwankungen, ein Abwärtstrend ist aber leider nicht zu erkennen.
Auswirkungen der Corona-Pandemie
Für viele bedeutet die Krise im besten Fall die Arbeit im Home-Office. Andere Unternehmen setzen wiederum auf Kurzarbeit – auch wenn es sich hier bestenfalls um eine mittelfristige Lösung handelt. Die berechtigte Sorge lautet daher, dass diese Jobs als erstes weichen müssen, sobald die Unterstützungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit auslaufen. Besonders Berufe, die auf direkten Kundenkontakt angewiesen sind, haben mit der Krise zu kämpfen. Wie es jetzt weitergeht, steht also für viele Arbeitnehmer noch immer in den Sternen.
Der Stellenmarkt liefert jedoch interessante Zahlen und bietet einen Anhaltspunkt, wie Betroffene mit der Situation umgehen. Aus diesem Grund haben auch wir und unsere Kollegen von Lebenslauf.de einmal einen Blick auf unsere Daten geworfen, denn sie lassen Rückschlüsse über die Anzahl der Bewerbungen und die Krise selbst zu.
Welche Informationen werten wir aus?
Unsere Daten kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. Wir haben sie nach Kategorien geordnet, um sie besser vergleichen und anschließend auswerten zu können. Uns interessieren dabei vor allem diese Informationen:
Bewerbungen während der Pandemie – Jahresverlauf
Wir haben sowohl den Zeitraum von Januar bis September 2020 als auch die Nutzerzahlen unmittelbar vor und nach dem Inkrafttreten der Infektionsschutzmaßnahmen ausgewertet. Nach einem sehr starken Jahresbeginn, der für gewöhnlich auf das Tief während der Feiertage am Vorjahresende folgt, kam es zu einem deutlichen Einbruch.
Ab diesem Zeitpunkt nahm die Nutzung des Lebenslauf-Editors zunächst weiter ab – ein Trend, der sich bis zum April fortsetzte. Das nächste Hoch zeigte sich im Juli. Ende Juli folgte dann ein weiterer Abwärtstrend, der aber weniger stark ausfiel.
Mögliche Gründe
Ob sich der Verlauf durch die Ereignisse der Pandemie erklären lässt, steht natürlich zur Debatte. Zumindest ist es wahrscheinlich, dass sich eine so umfassende Krise auch auf den Stellenmarkt und damit auf unsere Nutzerzahlen auswirkt. Hier gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten:
- Wer sich in einer Krise wiederfindet, hat wahrscheinlich größere Sorgen, als eine attraktivere Stelle zu finden. Eine Festanstellung bietet finanzielle Sicherheit. Wer sich also beruflich umorientieren möchte, sitzt eine Krisensituation möglicherweise lieber aus.
- Unternehmen vergeben erst einmal weniger neue Stellen und versuchen, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten. Weniger ausgeschriebene Stellen bedeuten: weniger Bewerbungen.
- Zu Beginn der Krise waren viele Unternehmen vor allem damit beschäftigt, das Home-Office zu organisieren. Auch die Personalabteilungen solcher Unternehmen mussten sich zunächst umstrukturieren, bevor Bewerbungsgespräche wieder aufgenommen werden konnten. Vielen Bewerbern war dieses Problem vielleicht schon damals bewusst.
- Eine weitere, jedoch eher unwahrscheinliche Möglichkeit: Sinkende Nutzerzahlen können auch bedeuten, dass sich weniger Leute bewerben müssen – was wiederum auf einen stabilen Arbeitsmarkt hinweisen würde.
Bewerbungen während der Pandemie – Bundesländer im Vergleich
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt wiederum, dass es durchaus regionale Unterschiede gibt:
Während der prozentuale Rückgang der Bewerbungen in Berlin, Rheinland-Pfalz und dem Saarland deutlich geringer ausfiel als in der Gesamtrepublik, fand in Bayern und besonders in Niedersachen und Schleswig-Holstein ein ausgeprägter Einbruch statt.
Eine Erklärung für das Phänomen: Nicht jedes Gewerbe ist im gesamten Bundesgebiet gleich vertreten und von der Krise betroffen. Daher unterscheiden sich auch die Auswirkungen auf dem lokalen Stellenmarkt. Besonders souverän geht beispielsweise die IT-Branche mit der Krise um. Angestellte in entsprechenden Unternehmen können häufig ohne größere Schwierigkeiten von Zuhause aus arbeiten – ein Vorteil, den besonders regionale Märkte wie Berlin für sich beanspruchen können. Hier gibt es besonders viele Jobs in diesem Sektor.
Solche lokalen Unterschiede sorgen möglicherweise dafür, dass der Stellenmarkt weiter floriert und Jobwechsel zum Teil weniger riskant sind.
Natürlich ist auch das Gegenteil denkbar: Ist eine Branche stark negativ betroffen und lokal besonders häufig vertreten, wirkt sich das negativ auf den gesamten Standort aus. Hier kommt zum Beispiel die Tourismusbranche infrage. Im Fall von Berlins Tourismus-Industrie scheinen sich die Auswirkungen jedoch in Grenzen zu halten – oder weniger Corona-sensible Sektoren machen schlicht und einfach einen insgesamt größeren Anteil aus.
Bewerbungen während der Pandemie – Altersgruppen
Wenn man die Daten nach dem Alter der Nutzer sortiert, stellt man vor allen bei zwei Gruppen einen anteiligen Rückgang der Editor-Nutzung fest:
Alle anderen Altersgruppen zeigten im Vergleich sogar einen anteiligen Zuwachs während der kritischen Frühjahrsmonate:
Lediglich der Gesamtanteil der über 65-Jährigen blieb einigermaßen stabil, auch wenn sich im Laufe des Jahres ein leichter Rückgang erkennen ließ. Er pendelte sich im September jedoch wieder auf den ursprünglichen Wert ein.
Zwei Gruppen fallen dagegen besonders auf: die 18- bis 24-Jährigen und die 35- bis 44-Jährigen. Während die Anteile der ersten anstiegen, sanken die der zweiten stetig. Diese Unterschiede lassen sich – vergleichbar mit den regionalen Unterschieden – durch die verschiedenen Branchen und Karrieresituationen der Generationen erklären.
Junge Erwachsene sind flexibler; ihre Karriereplanung befindet sich noch im Anfangsstadium. Vor allem Studenten arbeiten in diesem Alter meist noch in Nebenjobs, die von der Krise besonders stark betroffen sind. Aushilfstätigkeiten werden meist zuerst abgebaut. Hinzukommt, dass diese Altersgruppe häufig in der Gastronomie arbeitet: zum Beispiel als Kellner oder als Barkeeper. Eine Branche, die von der Corona-Krise besonders betroffen ist.
Ein alternatives Einkommen haben viele im Einzelhandel gefunden – eines der wenigen Gewerbe, die einen Stellenzuwachs seit Krisenbeginn verzeichnen können. All diese Jobwechsel erklären möglicherweise den gestiegenen Bedarf von Lebensläufen in dieser Altersgruppe.
Das Gegenstück dazu stellt die Gruppe der 35- bis 44-Jährigen dar. Sie planen langfristiger, zahlen Kredite für Autos oder Häuser ab, sorgen für ihre Familien. Jobwechsel stellen für sie vor allem ein unnötiges Risiko dar. Daher ist es sicherer, erst einmal abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt.
Bewerbungen während der Pandemie – Berufsgruppen
Zuletzt haben wir uns die Bewerbungsziele der Lebenslauf.de Nutzer angeschaut. Hat sich hier etwas während der Pandemie verändert und wenn ja: warum?
Ein Blick auf den ersten Platz zeigt, dass sich der Beruf des Account Managers fast durchgehend ganz oben auf unserer Liste hält. Erst im Juli tauschte er die Position mit der Verkäuferin und landete auf Platz zwei. Ein Zusammenhang mit der Pandemie liegt hier zwar nahe, lässt sich aber nicht ohne Weiteres belegen – trotz des gestiegenen Arbeitnehmerbedarfs im Einzelhandel.
Einerseits fällt die vorherige Position der Verkäuferin mit dem zweiten Platz bereits hoch aus, andererseits verhalten sich beide Jobs ansonsten vollkommen statisch. Bereits vor der Krise belegten beide die jeweils vordersten Ränge.
Auf den hinteren Plätzen der Top 10 gibt es da schon deutlich mehr Bewegung zu beobachten. Auffällig sind hier vor allem drei Berufsziele:
Diese Jobs rutschten im März jeweils um ein paar Plätze nach oben oder tauchten plötzlich am oberen Ende der Liste auf. Ob sich der Bedarf für diese Berufe erhöht hat oder neue Stellen geschaffen wurden, lässt sich allerdings nur vermuten. Zum einen ist ihr Aufstieg statistisch nicht besonders auffällig, zum anderen verschwanden sie nach dem Mai zunächst wieder aus der Top 10. Lediglich die Medizinische Fachangestellte legte noch einmal zu und hielt sich bis September im Mittelfeld der Liste.
Ebenfalls interessant: Berufe mit besonders hohem Stellenabbau fehlen in den ersten Plätzen der Liste. Dazu zählen beispielsweise diese Branchen:
Jobs, die besonders stark von der Krise betroffen sind, lassen sich also wahrscheinlich an geringeren Bewerberzahlen erkennen. Immerhin betreffen die Maßnahmen das gesamte Gewerbe und nicht nur einzelne Unternehmen. Zahlreiche Bewerbungen sind also eher ein Hinweis darauf, dass es einer Branche trotz der Corona-Krise gut geht.
Bildnachweis: Lebenslauf.de