Das Wichtigste auf einen Blick:

Als Bossing wird das systematische Mobbing durch einen Vorgesetzten bezeichnet.
Es findet sowohl auf der fachlichen als auch auf der sozialen Ebene statt: Deine Arbeit wird ständig kontrolliert und kritisiert, während du gleichzeitig persönlichen Angriffen standhalten musst.
Häufig verfolgt Bossing das Ziel, einen schwer kündbaren Arbeitnehmer zu vergraulen.
Bossing lässt sich nur schwer nachweisen. Daher solltest du schon bei den ersten Anzeichen reagieren und dir Unterstützung suchen.

Mobbing am Arbeitsplatz ist leider keine Seltenheit – umso schlimmer ist es jedoch, wenn es von einem Vorgesetzen ausgeht. Als Bossing bezeichnet man die systematische Schikane durch eine Führungskraft. Es kann für das Opfer ernsthafte Folgen nach sich ziehen. Erfahre hier, wie du die ersten Anzeichen des Bossings erkennst und wie du dich wehrst.

Was versteht man unter Bossing?

Wohl jedem ist der Begriff Mobbing vertraut – die psychische und physische Schikane durch andere. So ein Verhalten findet nicht nur in der Schule oder im Privaten statt, sondern auch am Arbeitsplatz. Bossing bezeichnet dabei eine besondere Art des Mobbings: Hier gehen die Attacken von einem Vorgesetzten aus.

Sollte dein Chef ab und zu mal etwas lauter werden und einen gröberen Ton anschlagen, ist das noch kein Bossing. Von Bossing spricht man erst, wenn ein gezieltes, systematisches, andauerndes und hierarchisches Mobbing durch einen Vorgesetzen vorliegt.

Wie sieht das Bossing aus?

Das Bossing findet auf zwei Ebenen statt: auf der fachlichen und der sozialen Ebene. Natürlich hängt es von der individuellen Situation ab, wie das Bossing tatsächlich abläuft, doch die folgenden Beispiele spiegeln typische Verhaltensweisen wider. So kannst du die ersten Anzeichen von Bossing an deinem Arbeitsplatz schnell erkennen.

Fachliche Ebene des Bossings

Erfolgt das Bossing auf der fachlichen Ebene, erhöht der Chef regelmäßig das Arbeitspensum, verlangt Überstunden oder teilt dir Arbeitsbereiche zu, für die du gar nicht qualifiziert bist. Das hat System. Denn er versucht, dich mit zu viel Arbeit zu überlasten und schließlich ein Burnout auszulösen.

Andersherum kann der Vorgesetzte dir auch Aufgaben entziehen, bei denen du in deinem Job eigentlich überzeugen kannst. Stattdessen bekommst du sinnlose Aufgaben zugewiesen, die mit deiner eigentlichen Qualifikation nichts zu tun haben. Du bist unterfordert und beginnst, dich zu langweilen. Dies wird auch als Boreout bezeichnet.

Darüber hinaus wird die Leistung des Arbeitnehmers ständig kritisiert und genaustens kontrolliert. Wichtige Informationen werden dir vorenthalten, um dich zu manipulieren. Im schlimmsten Fall kommt es zur aktiven Sabotage deiner Arbeit.

Beim Bossing kann es auch vorkommen, dass dein Chef dir mit Abmahnung und Kündigung droht, obwohl es dafür keine handfesten Gründe gibt. Er versucht, dich mit diesem Verhalten zu verunsichern.

Soziale Ebene des Bossings

Auch auf der sozialen Ebene kann Bossing verschiedene Formen annehmen. Dazu zählen zum einen direkte und indirekte verbale Attacken. Etwa, wenn dein Chef sich öffentlich über dich lustig macht, dich in Meetings ständig unterbricht, dir unablässig Fehlverhalten unterstellt oder Gerüchte in die Welt setzt. Diese Seitenhiebe müssen sich nicht nur auf deine berufliche Leistung beschränken, sondern können auch Kommentare über dein Aussehen, deine Herkunft, deine Religion, dein Geschlecht oder deine sexuelle Orientierung beinhalten.

Durch das Bossing möchte dein Chef dich auch von anderen Angestellten isolieren. Nicht nur, indem er deinen Ruf schädigt, sondern auch, indem er dich zum Beispiel in ein Einzelbüro verbannt oder den Kontakt zu Kollegen auf ein Minimum einschränkt.

Auch subtilere Attacken zeigen auf Dauer einen negativen Einfluss: Zum Beispiel, wenn dein Chef dich als einzigen im Team nicht begrüßt, nie ein Lob ausspricht oder den Raum verlässt, wenn du ihn betrittst.

Gründe für das Bossing

Häufig hat das Bossing nicht unbedingt etwas mit einer persönlichen Abneigung zu tun, sondern es verfolgt ein System: Ein Mitarbeiter, mittlerweile zu viel Lohn kostet, nicht in das Unternehmen passt oder im Betriebsrat für Entscheidungen stimmt, die der Chefetage unangenehm aufstoßen, soll vergrault werden. Ihm kann auf normalem Weg jedoch nicht oder nur sehr schwer gekündigt werden – das Bossing soll deshalb dazu führen, dass der Mitarbeiter selbst kündigt.

Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Gründe, die zum Bossing führen können. Zum Beispiel, wenn die Führungskraft selbst Druck von der Chefetage bekommt und diesen an die Mitarbeiter weitergibt.

Bossing geht oft mit einer beruflichen oder persönlichen Unreife einher.

Führungskräfte, die zum Bossing neigen, haben außerdem oft narzisstische Persönlichkeiten. Sie wollen ihre Machtposition auskosten und nehmen jeden als Gegner war, der nicht mitzieht oder sogar Kontra gibt.

Häufig ist es auch reine Unwissenheit, die deinen Chef oder deine Chefin zum Bossing verleitet: Sie verstehen nichts von Personalführung und greifen in ihrer Unsicherheit zum Mobbing. Sie fühlen sich unsicher, haben ein mangelndes Selbstbewusstsein und sehen Arbeitnehmer, die scheinbar kompetenter sind als sie, als Bedrohung.

Auswirkungen des Bossings

Bossing kann für das Opfer zur psychischen Belastung werden. Hinzukommt, dass Betroffene sich bei dieser speziellen Form des Mobbings gegen eine Autoritätsperson verteidigen müssen – was den meisten Menschen zusätzliche Schwierigkeiten bereitet.

Anhaltendes Bossing führt zu psychosomatischen Beschwerden wie Magenproblemen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Auch Minderwertigkeitskomplexe, Konzentrationsschwäche, Aggressivität, Interessenverlust und ein erhöhtes Suchverhalten gehören zu den Symptomen.

Das Bossing hat nicht nur Einfluss auf das Arbeitsleben, sondern auch auf das Privatleben. Opfer können häufig auch in ihrer Freizeit nicht mehr abschalten und die Beziehung zu Freunden und Familie leidet darunter. Die langanhaltende tiefgreifende psychische Belastung kann zum Burnout, zur Depression und sogar zu Selbstmordgedanken führen – die Arbeitsunfähigkeit ist dabei wahrscheinlich noch das geringste Übel.

Ist Bossing strafbar?

Sowohl für Mobbing als auch für Bossing gibt es keinen eigenen gesetzlichen Straftatbestand. Das Bossing setzt sich auch vielen einzelnen Taten zusammen, die im Einzelnen meist nicht strafrechtlich verfolgt werden können. Einige Angriffe wie Körperverletzung, Verleumdung und Diskriminierung können jedoch einen Strafbestand erfüllen und sind in ihrer Gesamtheit als Dauertatbestand strafbar.

Das Landesarbeitsgericht Thüringen definierte Mobbing in einem Urteil (Aktenzeichen 5 Sa 403/2000) aus dem Jahr 2001 wie folgt:

„Fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere, ebenso geschützte Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen.“

Am Ende kommt es jedoch darauf an, ob der Vorwurf des Bossings vor Gericht Bestand hat. Das gestaltet sich in der Regel allerdings eher schwierig, denn dazu braucht es handfeste Beweise.

Was kann man gegen Bossing tun?

In vielen Fällen ist eine Klage das letzte Mittel sein, um sich gegen Bossing zu wehren. Du hast vorher jedoch noch weitere Möglichkeiten, gegen das Mobbing aus der Chefetage vorzugehen. Im Folgenden stellen wir dir einige vor.

<a target="_self" aria-label="<strong>Suche das Gespräch:
Suche das Gespräch: Ja, es ist schwierig und unangenehm, den Chef zu konfrontieren. Doch du solltest zunächst versuchen, das Problem auf direktem Weg zu klären. Am besten sofort, wenn dir Anzeichen des Bossings auffallen. Bereite dich gut auf das Gespräch vor und beschreibe konkrete Situationen, in denen du das Verhalten bemerkt hast. Vielleicht handelt es sich nur um ein Missverständnis und deinem Chef ist gar nicht bewusst, dass er dich mobbt. Möglicherweise befindet er sich gerade selbst in einem persönlichen Tief.
In vielen Unternehmen gibt es bestimmte Instanzen, an die du dich im Fall von Bossing wenden kannst. Das kann zum Beispiel eine Beschwerdestelle oder ein Mediator sein, der zwischen den Parteien vermittelt. Auch der Betriebsrat oder die Gewerkschaft können dich beim Kampf gegen das Bossing unterstützen. Sobald eine offizielle Beschwerde bei deinem Arbeitgeber eingeht, ist er verpflichtet, dieser nachzugehen. Er hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern, die auf folgenden rechtlichen Grundlagen besteht: allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitsschutzgesetz, Arbeitssicherheitsgesetz, Arbeitsstättenverordnung.
Suche die Unterstützung deiner Kollegen. Vielleicht haben sie selbst mit dem Bossing zu kämpfen oder können bezeugen, dass du ungerecht behandelt wirst. Sie können dir den Rücken stärken – auch vor Gericht. Natürlich ist dies nicht immer einfach: Viele Mitarbeiter haben Angst, selbst Opfer des Bossings zu werden, wenn sie dich unterstützen. In der Regel haben Arbeitnehmer dennoch größere Chance, gegen das Mobbing vorzugehen, wenn sie sich zusammenschließen.
Führe ein Bossing-Tagebuch. Es hilft dir dabei, das Bossing, falls nötig, vor Gericht zu beweisen. Dokumentiere genau, wer wann was gesagt hat, benenne idealerweise Zeugen und füge Beweis wie E-Mails oder Textnachrichten hinzu. Die Einzelfälle mögen nicht strafbar sein, ihre Gesamtheit vielleicht schon.
Suche dir Hilfe: Das Bossing wird für Opfer schnell zur Belastung – die Unterstützung von Familie, Freunden und auch Kollegen kann in dieser Situation helfen. Auch eine Therapie kann nach langanhaltendem Bossing helfen. Denn die Symptome der Belastung können länger andauern als das Bossing selbst.

Was kann der Arbeitgeber gegen Bossing tun?

Sollte das Bossing nicht von der Chefetage direkt, sondern von einer anderen Führungskraft ausgehen, kann auch dein Arbeitgeber dagegen vorgehen. Er kann das Bossing von vornherein durch ein gutes und gesundes Betriebsklima vermeiden. Dazu gehört:

das Einführen von klaren Strukturen
die Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungen und Planungsphasen
Transparenz
Schulung zur Mitarbeiterführung und allgemeiner Kommunikation
Teambuilding-Aktionen
den Mitarbeitern die Möglichkeit für Feedback und Kritik bieten

Sollte es dennoch zu Bossing im Unternehmen kommen, müssen die Mobber zur Rede gestellt und entsprechend sanktioniert werden – im Extremfall durch Abmahnung oder sogar Kündigungen. Außerdem ist es wichtig, dass der Grund für das Mobbing ermittelt wird, um Situationen wie diese in Zukunft zu unterbinden.

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