Das Wichtigste auf einen Blick:
Je interessanter ein Job ist, desto mehr gibt es in der Regel zu erzählen. Einige Themen fallen allerdings unter die sogenannte Verschwiegenheitspflicht – und eignen sich daher nicht als unbeschwertes Gesprächsthema. Ein Verstoß kann sogar ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen. Wir erklären dir, welche Regeln am Arbeitsplatz gelten und was unter die Verschwiegenheitspflicht fällt.
Verschwiegenheit in der Praxis
Jeder kennt die ärztliche Schweigepflicht. Was wir unserem Arzt anvertrauen, muss er für sich behalten. Das bedeutet es zumindest grob vereinfacht. Zur ärztlichen Schweigepflicht gehört nämlich noch einiges mehr. Sie beinhaltet neben der Krankheit, der Verletzung oder der Behandlung eines Patienten alle mit ihm in Verbindung stehenden Informationen. Sie dürfen ebenso wenig mit Außenstehenden besprochen werden wie die Lebens- und Wohnsituation des Betroffenen.
Berufsgruppen mit speziellen Pflichten
Nicht nur Ärzte müssen sich an die Verschwiegenheitspflicht halten: Eine Vielzahl von Berufen verpflichtet sich laut § 203 StGB ausdrücklich zur Einhaltung besonderer Regeln, wenn es um vertrauliche Informationen geht. Dazu gehören:
- Heilberufe: Ärzte, Apotheker, Krankenpfleger
- Priester und Pfarrer
- Beamte und Amtsträger
- Rechtsanwälte, Verteidiger
- Wirtschaftsprüfer, Notare, Steuerberater
- Buchhalter
- Psychologen
- staatlich anerkannte Sozialberufe
- staatlich anerkannte Familien- oder Suchtberater
- Pflegeberufe
- Versicherer
- Datenschutzbeauftragte
Eine Ausnahme stellen Diplom-Pädagogen und Heilpraktiker dar. Sie werden im Paragraphen nicht genannt und sind daher automatisch ausgeschlossen.
Das heißt allerdings nicht, dass alle anderen Berufsgruppen Informationen über ihre Kunden einfach ausplaudern dürfen. Arbeits- und zivilrechtliche Bestimmungen gelten zwar weiterhin, auch wenn eine strafrechtliche Verfolgung in diesen Fällen nicht zwingend erfolgt. Das betrifft übrigens jeden Arbeitnehmer, unabhängig vom jeweiligen Tätigkeitsfeld.
Verschwiegenheit am Arbeitsplatz
Die Verschwiegenheitspflicht kommt also nicht nur in beruflichen Einzelfällen zum Tragen, sondern ausnahmslos an jedem Arbeitsplatz. Als Nebenpflicht der Treuepflicht ergibt sie sich aus dem Arbeitsvertrag. Die Verpflichtung zur Treue legt fest, dass der Arbeitnehmer die Interessen seines Arbeitgebers zu achten und zu wahren hat.
Es unterliegt somit der Geheimhaltung, was im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb steht beziehungsweise woran der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat. Solche Informationen dürfen nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sein. Das sind ausnahmslos die Personen, die unmittelbar mit der jeweiligen Information zu tun haben. Sobald sie diesen Kreis verlässt, liegt ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vor.
Deine Rechte als Angestellter
Nicht nur Arbeitnehmer haben Rechte und Pflichten – ebenso muss dein Arbeitgeber darauf achten, dass deine privaten Informationen auch privat bleiben. So dürfen Daten, die ein Unternehmen im Laufe des Arbeitsverhältnisses über dich gesammelt hat, nicht weitergegeben werden. Dazu zählen zum Beispiel Wohnadressen oder Telefonnummern.
Betriebsgeheimnisse und Geschäftsgeheimnisse
Unter die Verschwiegenheitspflicht fallen allgemein Informationen,
- die ausdrücklich als Geheimnis festgelegt wurden,
- die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind,
- an denen ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht.
Zusätzlich wird zwischen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unterschieden. Betriebsgeheimnisse betreffen Informationen über Herstellungsprozesse, Rezepte und Erfindungen.
Als Geschäftsgeheimnis kommen hingegen alle rein wirtschaftlichen Aspekte infrage, zum Beispiel Erträge oder Verkaufsstrategien. Auch Informationen über Geschäftskunden gelten als sensibel. Dafür kann bereits die Information ausreichen, dass jemand überhaupt zum Kundenkreis gehört.
Wer kommt als Geheimnisträger infrage?
Zur Verschwiegenheit ist generell die jeweilige Einzelperson verpflichtet, nicht das Unternehmen insgesamt.
Entscheidend ist also immer, in welchem Arbeitsumfeld der Angestellte beschäftigt ist, über welche Informationen er verfügt und wer ebenfalls davon weiß. Die betroffene Person muss sicherstellen, dass das Geheimnis den zuständigen Personenkreis nicht verlässt. Solange du dich daran hältst, bist du auf der sicheren Seite.
So darf die Personalabteilung zum Beispiel keine Adressdaten von Angestellten weitergeben – weder an Dritte, noch firmenintern und unabhängig von der Hierarchie eines Unternehmens. Sie kann also weder durch Vorgesetzte aufgehoben noch übertragen werden. Zumindest nicht in Vertretung für die Beteiligten.
Besonders sensibel: Zahlen
Besondere Vorsicht empfiehlt sich bei allen konkreten Zahlen, die im Zusammenhang mit einem Unternehmen stehen. Sowohl Löhne als auch Absatzzahlen behandeln Arbeitgeber in der Regel als vertrauliche Daten. Ihr Bekanntwerden ist zudem ein klarer Hinweis darauf, dass jemand etwas ausgeplaudert hat. Hier solltest du besonders vorsichtig sein.
Ein Beispiel: Es steht wirtschaftlich schlecht um ein Unternehmen. Vielleicht schließt die Firma gerade ein Werk oder baut vermehrt Stellen ab. Außenstehende bemerken das natürlich und können so durchaus die richtigen Schlüsse ziehen. Das lässt sich nicht vermeiden. Wird andererseits bekannt, dass dieselbe Firma exakt 86.000 Euro Schulden hat, ist das mehr als verdächtig.
Gerüchteküche: Mit Vorsicht zu genießen
Auch wenn es vielleicht schwer fällt – amüsante Geschichten über die letzte Weihnachtsfeier oder Ähnliches solltest du im Zweifelsfalle lieber für dich behalten. Verschwiegenheit kann auch hier angemessen sein. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht nämlich auch an einem gesunden Arbeitsklima oder dem Image, das sein Unternehmen nach außen transportiert.
Das ist natürlich auch eine Frage des Ermessens. Trotzdem solltest du hier besonders vorsichtig sein, um keine Abmahnung zu riskieren.
Gibt es Ausnahmen für die Verschwiegenheitspflicht?
Als Geheimnis kommen natürlich nur Informationen infrage, die lediglich ein kleiner Personenkreis kennt. Offene Geheimnisse und allgemeine Tatsachen müssen nicht vertraulich behandelt werden. Schließlich kann nicht ausgeplaudert werden, was bereits jeder weiß. Wenn ein Arbeitgeber bestimmte Zahlen selbst der Öffentlichkeit zugänglich macht, kannst du natürlich frei über sie sprechen.
Alles, an dem ein berechtigtes Interesse seitens des Arbeitgebers besteht, muss in jedem Fall verschwiegen werden. Umgekehrt fallen Informationen ohne berechtigtes Interesse nicht unter die Verschwiegenheitspflicht.
Straftaten und die Offenbarungspflicht
Darüber hinaus gibt es gesetzliche Grenzen für das, was im Einzelnen verschwiegen werden muss – und darf. Mit ihnen endet auch die Schweigepflicht des Arbeitnehmers:
- Handelt ein Arbeitgeber gesetzeswidrig, so muss der Arbeitnehmer einen Versuch unternehmen, ihn darauf hinzuweisen. Nach diesem Hinweis muss der Arbeitgeber die Missstände intern klären und beseitigen. Handelt der Vorgesetzte jedoch nicht, darf der Angestellte seine Informationen der Öffentlichkeit preisgeben.
- Besteht hingegen ein öffentliches Interesse an dem Fall, entfällt die Verschwiegenheitspflicht auch ohne einen vorherigen Erklärungsversuch.
Plant ein Unternehmen eine anzeigepflichtige Straftat besteht sogar eine sogenannte Offenbarungspflicht gemäß § 138 Abs. 1 StGB. Kann der bevorstehende Schaden abgewendet werden, ist der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, Anzeige zu erstatten. Andernfalls macht er sich sogar selbst strafbar.
Ausnahme: gerechtfertigter Notstand
Das Strafgesetzbuch erkennt gewisse Ausnahmesituationen als Grenze der Verschwiegenheitspflicht an, zum Beispiel im Falle eines gerechtfertigten Notstands:
„Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter […], das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“
§ 34 Abs. 1 StGB
In solchen Fällen ist es gestattet, die Verschwiegenheitspflicht zu vernachlässigen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Situation und die Angemessenheit des Verstoßes. Ausgenommen sind demnach Informationen, die direkt zur Lösung des Notstands beitragen. Alles darüber hinaus muss weiterhin vertraulich behandelt werden.
Ein Beispiel: Ein Angestellter ruft im Büro an. Scheinbar hat er sich vor seiner Schicht versehentlich geschnitten und blutet stark. Eigentlich wollte er sich nur krankmelden und dann direkt zum Arzt gehen. Nun überlegt er jedoch, einen Notarzt zu rufen. Plötzlich antwortet der Angestellte nicht mehr.
In diesem Fall liegt ein gerechtfertigter Notstand vor. Es wäre also vertretbar, selbst den Notarzt zu rufen und zur Adresse des Angestellten zu schicken, um Schlimmeres zu verhindern.
Wie lange muss ein Geheimnis bewahrt werden?
Die Pflicht zur Verschwiegenheit endet keinesfalls mit dem Arbeitsverhältnis. Auch nach einer Kündigung dürfen sensible Daten weder weitergegeben noch veröffentlicht werden. Wie wichtig einzelne Informationen für den Betroffenen sind, kann sich jedoch mit der Zeit ändern.
In der Regel besteht die Verschwiegenheitspflicht bis zu ihrer ausdrücklichen Aufhebung durch den Arbeitgeber – und dann natürlich nur, wenn es um ein Geheimnis geht, das ihn als Arbeitgeber betrifft.
Zum Beispiel darf das Arbeitszeugnis – zum Schutz des Angestellten – nicht über den Grund einer Kündigung sprechen. Umso absurder wäre es natürlich, wenn diese Regel einfach durch ein privates Gespräch umgangen werden könnte. Das ist natürlich nicht der Fall. Auch hier greift die Verschwiegenheitspflicht.
Konsequenzen: Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht
Bei Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht entscheidet vor allem das jeweilige Berufsfeld. Dabei müssen Arbeitnehmer mit besonderen Pflichten nicht nur mit berufs- und privatrechtlichen, sondern strafrechtlichen Maßnahmen rechnen. Im schlimmsten Fall bedeutet das neben der Kündigung auch ein Berufsverbot, eine Geld- oder sogar eine Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr.
Die maximale Dauer einer Gefängnisstrafe beläuft sich außerdem auf zwei Jahre, wenn der Geheimnisträger aus niederen Beweggründen gehandelt hat. Darunter fällt zum Beispiel die eigene Bereicherung oder die absichtliche Schädigung des Arbeitgebers.
Alle anderen Berufsgruppen müssen zumindest mit einer Abmahnung oder einer Kündigung rechnen. Außerdem kann der Arbeitgeber – je nach Verstoß – den Anspruch auf Schadensersatz stellen. Dann kommt zur Kündigung noch eine Klage hinzu.
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